Weniger ist mehr!

Der schonende Umgang mit dem Gewebe ist ein wesentliches Element der Chirurgie zur Vermeidung von Komplikationen. Je weniger das Gewebe durch den Eingriff traumatisiert wird, desto geringer ist die Gefahr von Verletzung wichtiger Strukturen (z.B. Nerven und Blutgefäßen), Schmerzen, Nachblutungen, Wundheilungsstörungen, Infektionen und überschießender Narbenbildung.

Gerade bei der operativen Therapie des Karpaltunnelsyndroms läßt sich dieses Prinzip sehr gut umsetzen: unsere jahrelange Erfahrung bei mehreren tausend Eingriffen dieser Art zeigt, daß sich typische Komplikationen wesentlich vermindern lassen, wenn auf einige „traditionelle“ Elemente des Eingriffs verzichtet wird:

Blutsperre/Blutleere des Operationsgebietes: ist nicht erforderlich, um das wesentliche Ziel der Operation, nämlich eine Druckentlastung des Nerven durch vollständige Spaltung des Karpalbandes, zu erreichen. Bei schonender Vorgehensweise lassen sich Blutungen auch ohne Blutsperre regelmäßig so gering halten, daß das Band ohne Gefahr für den Nerven durchtrennt werden kann. Daneben erzeugt das Öffnen der Blutsperre nach dem Eingriff für einige Minuten eine erheblich gesteigerte Blutung (sog. reaktive Hyperämie) im Operationsgebiet, so daß oft ein Kompressionsverband sowie eine Drainage mit der Folge einer Einschränkung der Beweglichkeit erforderlich wird. Dies wiederum führt nicht selten zu vermeidbaren Schmerzen, Blutergüsse sind häufiger und letzlich steigt hierdurch auch die Gefahr von Wundheilungsstörungen und Infektionen. Deshalb verzichten wir darauf.

Neurolyse – umfassende Lösung des Nerven im Operationsgebiet: ist beim typischen Karpaltunnelsyndrom in aller Regel verzichtbar, da sie keinen zusätzlichen Nutzen erbringt. Im Gegenteil läßt sich die Narbenbildung unmittelbar um den Nerven durch ein Unterlassen dieser Maßnahme wesentlich reduzieren. Abgesehen davon ist die Gefahr einer direkten Verletzung des Nerven und seiner Äste wesentlich geringer, wenn man darauf verzichtet. Und: für eine Neurolyse ist der Einsatz microchirurgischer Operationstechniken sinnvoll, so daß die notwendigen Sichtverhältnisse nur durch eine Blutsperre/Blutleere zu erreichen sind. Abgesehen davon verlängert sich hierdurch auch die Operationszeit deutlich, was eine Steigerung der Infektionsgefahr nach sich zieht. Deshalb verzichten wir darauf. – Wir berücksichtigen natürlich die individuellen Verhältnisse und führen bei entsprechender medizinischen Notwendigkeit auch eine Neurolyse durch.

Vollnarkose/Regionalanästhesie: ist ohne Einschränkungen des Patientenkomforts vermeidbar, wenn der Operateur auf das bei diesem Eingriff eigentlich schmerzhafte Element der Blutsperre/Blutleere (s. oben) verzichten kann. Wir führen den Eingriff regelmäßig in örtlicher Betäubung durch. Dies reduziert den zusätzlichen organisatorischen, zeitlichen und finanziellen Aufwand für Patient, zuweisenden Arzt, Operateur und Krankenkassen sowie die mit der Maßnahme in Zusammenhang stehenden eventuellen Risiken für den Patienten. Deshalb verzichten wir darauf. – Selbstverständlich berücksichtigen wir aber Ihre Wünsche oder individuelle, medizinisch begründete Notwendigkeiten und bieten den Eingriff in Absprache auch in Allgemeinnarkose an.

Ruhigstellung nach dem Eingriff: die Ruhigstellung auf einer Schiene ist bei entsprechender Schnittführung unter Vermeidung der Überschreitung der Handgelenksbeugefalten und gewebeschonender Operationsweise nicht notwendig. Sie schränkt die Funktionen der Hand und damit die Selbstversorgung des Patienten unverhältnismäßig ein und erhöht völlig unnötig das Krankheitsgefühl des Patienten. In der Folge ist sie dadurch oft der einzige Auslöser für weitere Maßnahmen, wie Physiotherapie/Krankengymnastik. Auch eine Verkürzung der Arbeitsunfähigkeit ist durch das Anlegen einer Schiene nicht erreichbar. Deshalb verzichten wir darauf.

endoskopische Operation: dies ist in den Händen des geübten Operateurs sicherlich eine in den meisten Fällen geeignete Methode zur Entlastung des Nervus medianus, hat aber gegenüber der „klassischen“ offenen Vorgehensweise keine erwiesenen Vorteile. Daneben ist der Eingriff in dieser Form nur mit Blutsperre und in einer entsprechenden Regional- oder Allgemeinanaesthesie durchführbar. Der Nutzen steht nach unserer Auffassung nicht im Verhältnis zu Aufwand, Risko und Kosten. Deshalb verzichten wird darauf.